16

Nov 2016

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Nov 2016

Trump und die Märkte — Die Ruhe vor dem Sturm?

By StoneX Bullion

Wer die Wahlnacht live verfolgt hat, konnte zwischen 3:00 Uhr morgens und 7:00 Uhr morgens die aufkommende Panik an den Finanzmärkten live mitverfolgen. Natürlich war es keine echte Panik, sondern viel mehr die finanztechnischen Algorithmen, die zum einen Trumps Sieg vorhersagten (wie auch die New York Times ab diesem Zeitpunkt) und zum anderen daraus den Schluss zogen, Gold zu kaufen. Denn Trump bedeutet wirtschaftliche Ungewissheit, sogar die Gefahr einer Rezession. Das zumindest war den Algorithmen einprogrammiert und in so einem Fall wird Gold gekauft. Aber was nach einem Goldrausch aussah, ist ziemlich schnell in einem bösen Kater geendet. Der Preis fiel schon am selben Tag wieder auf das Niveau des Vortags herab und bis zum Montag nach der Wahl sogar auf einen Stand, den er zuletzt Anfang Juni erreicht hatte. Seither zeigt der Preis wieder eine gemächliche Seitwärtstendenz. Ganz anders sah es bei Aktien aus. Vor allem Unternehmen der Rüstungsindustrie, aber auch die zuletzt gescholtenen Banken legten zu. Und auch der president-elect selbst gibt sich inzwischen sehr viel gesitteter, als noch im Wahlkampf. Obamas Gesundheitsreform soll nur noch in Teilen zurück genommen werden, die gleichgeschlechtliche Ehe soll beibehalten werden und er sprach sich sogar deutlich gegen die Gewalttätigkeit seiner Anhänger aus – obwohl Kritiker wohl sagen würden, dass Trump selbst diese Gewalt mit angestachelt hat. Überhaupt will Trump viele seiner harschen Töne nicht wortwörtlich verstanden wissen. Wie es in Sachen Wirtschaftspolitik weiter geht, ist derzeit zwar noch nicht ganz klar, es könnte aber bergauf gehen. Für die Banken wird eine Deregulierung erwartet, die von Trump angekündigten Infrastrukturprogramme könnten für eine Belebung in vielen Teilen der US-Wirtschaft sorgen. Außerdem könnte die Federal Reserve Bank die Zinsrate wieder erhöhen und die Inflation anziehen. Grundsätzlich deutet also vieles auf eine Entspannung der Wirtschaftslage in den USA hin, was den Goldpreis weiter drücken könnte. Aber sicher ist das keines Falls. Besonders die protektionistische Politik Trumps könnte nicht nur der Wirtschaft in den USA sondern weltweit schaden. Zunehmender Protektionismus würde einen der wichtigsten internationalen Märkte verschließen, selbst wenn Trump nicht die 45% Einfuhrsteuer auf chinesische Produkte umsetzen würde. Schlimmstenfalls könnten solche Pläne sogar einen Handelskrieg auslösen. Selbst wenn es nicht zum schlimmsten Fall kommen würde, und die Zölle nur leicht angehoben werden würden – beispielsweise von 2-10% auf 15%, sagen Analysten Barclays ein Schrumpfen des BSP der USA von 0,5% voraus. Zusammen mit anderen Plänen Trumps und der anhaltenden Unsicherheit könnte daraus schnell 1% werden, wie die Citi Group berechnet hat. Tatsächlich hat Trump laut CNN bereits Pläne für eine grundsätzlich andere Wirtschaftspolitik in der Schublade, die seine Wahlkampftöne nicht mehr so unrealistisch erscheinen lassen. Ziel soll zwar die Stärkung der US-Wirtschaft sein, aber ob ein Ende der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA und wirtschafspolitische Offensiven gegen China wirklich dazu beitragen, ist schwer abzuschätzen. Und das alles in einem Umfeld, in dem in Europa mehrere große Banken ins Wanken geraten sind und in dem sich in China immer deutlicher eine Kreditblase abzeichnet, könnte weitreichende Folgen haben – bis hin zu einer globalen Finanzkrise. Aber wie viel Wahrheit letztlich in Trumps Worten steckt, bleibt abzuwarten. Die Wartestellung an den Märkten wird wohl noch einige Zeit anhalten, zumindest bis zur Amtseinführung Trumps am 20. Januar. Bis dahin wird die Unsicherheit nur langsam schwinden, denn die tatsächliche Politik des president elect ist derzeit noch eine Blackbox. Auch wenn der Goldpreis schon gezeigt hat, wo es hingehen kann, wenn sich Trump die Maßnahmen, die er angekündigt hat, umsetzt. Und dann werden $1320 sicher nicht die obere Grenze sein.
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